STILL LIFES
Hommage an Balthasar van der Ast
Stillleben waren im 17. Jahrhundert Ausdruck und Stilmittel, den persönlichen Reichtum und die aufblühenden weltweiten Handelsbeziehungen abzubilden. Exotisches war Ausdruck des durch Handel erworbenen Reichtums. Erst dieser machte es einer breiteren Masse, der Bourgeosie, möglich, individuelle Kunstwerke in Auftrag zu geben.
Exotische Blumen wie Tulpen oder Lilien, seltene Muscheln und Meeresschnecken oder prachtvolle Schmetterlinge gehörten zu den abgebildeten Sujets. Sowohl Schönheit als auch Vergänglichkeit sind diesen Motiven als Symbolik inherent. Schmetterlinge verkörpern Schönheit und Erneuerung, die Pracht und Seltenheit exotischer Blumen verweist auf den irdischen Reichtum ihres Besitzers.
Ellena Scheufler interessiert sich besonders für dieses erstmals dargestellte Aufeinandertreffen von europäischer Kultur und Exotismus, welches heute in einer globalen Welt mit Migration und Culture Clash nach wie vor aktuell erscheint. In der Serie Still Lifes beschränkt sie sich bewusst – ganz in der Tradition der holländischen Maler Van der Ast, Bosschaert oder Adriaen Coorte – auf die Abbildung von Natur.
Indem Scheufler die alten Sujets mit Hilfe der Fotografie in die heutige Zeit transferiert, erhalten die Motive eine weitere, ambivalente Ebene. Mit dem Wissen über den Zustand der Welt und den ökologischen und ökonomischen Problemen ergeben sich für den Betrachter neue Assoziationsmöglichkeiten. Tulpen aus Gewächshäusern sind Massenware geworden und für jeden erschwinglich; gleichzeitig verschwinden jedes Jahr Hunderte Tier- und Pflanzenarten. Und der Vanitas Gedanke von einst? Wurde von der Realität längst eingeholt. Das Abgebildete jedoch bleibt gleich: Während eine Tulpe eine Tulpe bleibt, löst sich der ursprüngliche symbolische Zusammenhang auf und wird heute neu gelesen.
Malerische Fotografie oder fotografische Malerei? Ist es möglich, mit dem modernen technischen Medium Fotografie, mit Pixeln und Optiken Stimmungen zu erzeugen wie die Meister des 17. Jahrhunderts? Mit Licht zu malen und doch detaillierter und naturgetreuer als jeder Künstler des "goldenen Zeitalter" abzubilden?
Die Serie Still Lifes ist eine Hommage an die Künstler der Niederlande im 17. Jahrhundert – 400 Jahre nach Balthasar van der Ast.
ELLENA SCHEUFLER
Ellena Scheufler (*1967) studierte Design an der Fachhochschule Bielefeld. Arbeitsstationen führten sie unter anderem nach Paris zu Karl Lagerfeld. Sie arbeitete mehrere Jahre als Trendscout und Designerin. 2017 begann sie ihre erste Fotoserie Still Lifes. Ellena Scheufler lebt in Düsseldorf.